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Rückblick: kackreiz.net Games of the Year (Teil 1)

Es ist wieder die schönste Zeit im Jahr, die Zeit in der Industrie und Fachpresse sich in Selbstbeweihräucherungen ergehen und die Games of the Year küren. Dieses Jahr kommt das Thema vielleicht deshalb ganz besonders gelegen weil das Internet ob der mageren Releases sonst nichts hat, über das sich die Leute die virtuellen Köpfe einschlagen können. Selbstverständlich sehe ich es als meine Pflicht an, selbst ein paar Köpfe einzuschlagen und zur allgemeinen Debatte meinen Beitrag zu leisten. So hab’ ich mich denn hingesetzt und überlegt, was meine Top-Ten für 2005 ist. Ich muss gestehen, ich hatte Probleme, überhaupt 10 Titel zusammenzubekommen, an die ich mich erinnern könnte und die nicht schon

letztes Jahr auf der Liste standen. Metal Gear Solid 3 zum Beispiel; wurde von mir erst in der US-Version Ende November dann in der EU-Version Anfang Februar mit Aufmerksamkeit beschenkt. Weitere Kanditaten die aus ähnlichen Gründen leider ausscheiden mussten: Symphony of the Night und Super Metroid. Auf der anderen Seite ist zum Beispiel Super Mario Bros 3 zum zweiten Mal am Start, weil sich im Verlauf des Jahres meine Meinung darüber drastisch geändert hat. Ninja Gaiden Black bietet gegenüber Ninja Gaiden so viele Verbesserungen das eine erneute Platzierung gerechtfertigt ist.

Im Gegensatz zur letzen Liste ist dieses Jahr eine Halbordnung auf den Spielen definiert. Dies liegt vor allem daran, dass ich nicht alle auf einmal vorstellen, sondern mich von den weniger wichtigen zu den Top-Titeln vorarbeiten werde. Absolute Ordnungen halte ich nach wie vor für albern. Videospiele sind zu verschieden um sie vernünftig vergleichen zu können.

Genug jetzt der Vorrede, lasst die Spiele sprechen. Auf zu den hinteren Plätzen:

Skygunner

Auf Skygunner wurde ich durch einen Artikel von John Szczepaniak in der letzten Ausgabe der Gamers Quarter aufmerksam. Dort wurde das Spiel mit so viel Lob überschüttet, dass ich nicht umhin kam, selbst einen Blick darauf zu werfen. Das gestaltete sich nicht ganz einfach: In Europa ist Atlus Arcade-Flightsim nie veröffentlicht worden, selbst in Amerika wurde nur eine winzige Auflage veröffentlicht. In einschlägigen Tauschbörsen war kein Exemplar zu entdecken und gebrauchte Versionen bei eBay erzielten Preise bis zu 60$. Für ein drei Jahre altes Spiel auf das ich noch keinen eigenen Blick geworfen hatte schien mir das doch ein bißchen viel. Irgendwie hatte ich schließlich Glück und konnte ein sehr günstiges und darüberhinaus hervorragend erhaltenes Exemplar für 30$ ergattern (Wink mit dem Zaunpfahl an die Industrie: Die Preisgrenze für Spontankäufe liegt deutlich unter 50€).

Beim ersten Durchspielen war ich etwas enttäuscht. Atlus hat Story, Charaktere und das ganze drumherum sehr liebevoll gestaltet (für ein ausführliches Review schaut am besten in die Gamers Quarter #3 S.102), aber das Interface und die Missionen waren auf den ersten Blick extrem irritierend. Zum Glück hat sich die Verwirrung nach 2-3 Versuchen gelegt. Ich musste erst einmal dahinterkommen, Skygunner tatsächlich wie einen Shooter zu spielen, nicht wie eine Flugsimulation. Hieß: Scheiss auf die Missionsziele und hole so viele Gegner wie möglich vom Himmel, so schnell wie’s geht. Auf der Ebene entfaltet Skygunner plötzlich seinen Charme. Nach ein paar Stunden macht auch die Steuerung keine Probleme mehr. Belohnt wird man mit einem sehr unterhaltsamen Ballervergnügen, dass vor allem die für Langzeitmotivation nötige Tiefe nicht vermissen lässt: Ein ausgefuchstes Punktesystem spornt zu Speed Kills, Chains und Kombos an, neben den zwei zu Beginn verfügbaren Flugzeugen lassen sich drei weitere freispielen, die jeweils über eine eigene Bewaffnung und eigenes Flugverhalten verfügen.

Resident Evil 4

Wann kam Capcoms letztes B-Movie raus? Anfang des Jahres oder Ende 2004? Ziemlich lange her auf jeden Fall. So lang, dass ich mich kaum noch dran erinnern kann. Im Gedächtnis geblieben ist mir vor allem der krasse Motivationsabfall gegen Ende des Spiels, ich meine aber auch, mich während der ersten drei Levels hervorragend amüsiert zu haben. Teil 4 hat der doch ziemlich angestaubten Serie neues Leben eingehaucht und eine neue Richtung gegeben. Vor allem aber war das Spiel stilistisch bemerkenswert; darüber habe ich mich ja bereits lang und breit in meinem Review vom Januar geäußert. Trotz der Echtzeit-3D-Grafik hat Capcom es geschafft, das cinematische Feeling der alten Teile zu erhalten, ja stellenweise sogar zu verbessern. Schade dass Teil 4 in den letzten beiden Levels mehr und mehr zu einer hirnlosen Ballerei verkommt: Resident Evil hat neben der dichten Panikatmosphäre sei jeher von seinem Markenzeichen, den kruden Rätseln gelebt, Schiessen und Ausweichen hingegen funktioniert wegen der trägen Steuerung eher schlecht, die Entscheidung, das Ende zu einem Action-Showdown ist schlecht nachvollziehbar. Trotzdem, unterhaltsam war die ZombieSpanier-Hatz auf jeden Fall.

San Andreas

Was habe ich zunächst über San Andreas geflucht. Irgendwie war mir das Spiel beim ersten Anspielen komplett in den falschen Hals geraten. Idlewood und die umliegenden Viertel von Los Santos kamen mir unglaublich generisch und langweilig vor, die Gangster-Atmosphäre hat mich verschreckt und mit der Musik konnte ich auch nicht warm werden. Gezetert und geschrieen habe ich, wo mir doch Vice City noch so geil in der Erinnerung war. DAS sollte der umjubelte Nachfolger dazu sein? Ich war entsetzt. Geändert hat sich meine Meinung erst, als ich San Andreas einen Monat später eine zweite Chance gegeben habe, diesmal jedoch nicht am PC sondern auf der Xbox. Auf einmal schien es mir als hätte ich ein völlig anderes Spiel vor mir. Die Stimmung war durch das Zocken am PC in gekrümmter Haltung, mit Tastatur und Maus auf einem viel zu scharfen Monitor völlig zerstört worden und konnte sich jetzt auf dem Fernseher erst entfalten. Zurückgelehnt auf dem Bett spielte sich San Andreas ganz anders, über meine Anlage kam der Soundtrack wesentlich besser rüber und entpuppte sich als extrem gelungene Zusammenstellung genialer Hiphop- und Funktracks der 90er, die inzwischen sogar den Weg auf meinen iPod gefunden haben. Nach einer gewissen Gewöhnungszeit konnte mich auch die Story begeistern. Erst über kleine Nuancen erhielt die anfangs eintönige Gangster-Klamotte ihren ironischen Touch und auch die ernsten Parts konnten dank der nach und nach immer komplexeren Handlung, der hervorragend ausgearbeiteten Charaktere und ihrer Synchronsprecher begeistern. Spätestens mit der Freischaltung von San Fiero wandelte sich auch der Grundtenor der Missionen weg von dem 08/15-Ghettokram, hin zu den richtig abgefahrenen Aufgaben. Die verhassten Minispielchen und lästigen Nebenaufgaben wie Essen, Beziehungpflege, Autopimpen oder Klamottenshopping entpuppten sich als komplett optional und im Falle der verschiedenen Klamottenläden sogar als ganz unterhaltsam. Zwei Kritikpunkte im Nachhinein: Obwohl die Fahrzeugsteuerung im Vergleich zur Xbox-Fassung von Vice City wesentlich verbessert wurde, waren die paar Drive-By Missionen die es gab mit dem Controller S aufgrund des Knopflayouts einfach nicht zu schaffen. Hier hätte ich mir eine konfigurierbare Steuerung gewünscht, mit dem PS2->Xbox Adapter konnte ich mir dann aber auch so helfen. Richtig angepisst haben mich die letzten 3 Missionen. Obwohl Los Santos im Ausnahmezustand ein interessantes Szenario bot, war das blöde Rumgeballer erstens zu viel und zweitens zu schwer. Von diesen kleinen Mängeln abgesehen war San Andreas aber letztendlich doch ein würdiger und extrem packender Nachfolger zu Vice City.

Teil 2 gibts, äh, bald. In ein paar Tagen.